„You may split if you have not done so in the past. You will know
who you are.“ Andrea Crespos Video
sis : parabiosis. neurolibidinal
induction complex
ist der singuläre Ausdruck multipler Persönlichkeiten.
Die Arbeit zeigt aber nicht nur etwas über Spaltung und
Vielheit auf. Die Betrachter selbst werden mittels audiovisueller
Stimulation Teil eines Systems aus Signalen, Informationen und
Affekten. Die Fragen, die die Arbeit aufwirft, sind grundlegend.
Worauf beruht unsere Selbstwahrnehmung und was, wenn das
Selbst mehr als Eines ist? Mit „sis“ benennt Crespo ein multiples
System, das die beiden Individuen Cynthia und Celinde umfasst.
Die mechanisch sich bewegende Lichtquelle des Scanners teilt
und vervielfältigt fortwährend die Bildfläche. Diese Umwandlung
von analogen Daten eines physischen Objekts in digitale Daten,
die sich analysieren lassen, ist ein bildgebendes Verfahren. In
Crespos Video verbindet es sich aber nicht mit der Frage nach dem
Bild des Körpers und des Selbst, sondern öffnet die Grenzen eines
homogenen Selbstbildes. Einzelne Worte, Manga-Zeichnungen,
Diagramme, Glossare und Tabellen aus unterschiedlichsten Quellen
werden durch den Lichtbalken sowohl sichtbar gemacht als auch
ausgelöscht. Der schwarze Grund des Videos, den keine sichtbare
Rahmung begrenzt, teilt sich auf in eine Spaltung (die Bewegung
der Lichtquelle und die dialogisch angeordneten Worte) und
hält doch das Heterogene zusammen.
In dieser Mechanik und der Vielfalt der eingesetzten Medien
nimmt keine diskrete Identität Gestalt an noch festigt sich ein
medizinischer Diskurs. Crespo fasst Vielheit/Pluralität als Zustand,
in welchem mehr als eine Person oder eine Entität in einem
Körper lebt. Durch die Verschränkung von digitalen, biologischen
und mechanischen Bezügen zeigt sie den Körper und das Selbst
in einem Prozess von Materialisierungen anstelle von Repräsentationen:
als deterritorialisierte lebendige Kräfte, die das Register
traditioneller Vorstellungen von Identität überschreiten.
* 1993 in Miami, USA, lebt in New York, USA