Ryan Trecartins Arbeiten wirken
verstörend, anarchisch,
geradezu widerwärtig. Hybride, bizarre, artifizielle (Transgender-)
Figuren, bunt geschminkt und extrovertiert kostümiert, zum Teil
mit Perücken, teuflisch glühenden Linsen, mit übertriebener Mimik und Gestik
und mitunter mechanischen Stimmen, besetzen zwischen Schulferienlager,
Big-Brother-Haus und Warenhaus-Modellraum oszillierende Szenerien. Wie Avatare
von Talk- und Gameshow-Kandidaten oder Reality-TV Protagonisten buhlen sie
hektisch und hyperaktiv um Aufmerksamkeit. Sie kommunizieren untereinander in
verkürzter Web- und Umgangssprache, doch vorwiegend parallel und aneinander
vorbei. Die Kakophonie multipler audiovisueller Ebenen legt das
Aufmerksamkeitsvermögen für das gesprochene Wort regelrecht lahm. Jedes Statement
steht nicht für sich, sondern potenziert sich durch die exzessive
Körpersprache, das Make-up und Outfit des Sprechenden, und überdies durch
digitale Bildeffekte und Nachbearbeitung, rasante Schnittfolgen und Sounds aus
dem Off.
Eine exzentrische Vision posthumaner Kreaturen in der virtuellen Welt des Planeten Internet, völlig entrückt von Wirklichkeit, Zeit und Raum. Oder doch näher an der Realität, als uns lieb ist: eine überspitzte Vergegenwärtigung der psychotischen Abgründe digitaler Identitätskonstruktionen in der Popkultur zeitgenössischer Medienformate? Es geht um Selbstdarstellung, um Profilierung, das Ich im Zeitalter seiner Digitalisierung – und um Narzissmus, Voyeurismus, Celebrity-Kult und ADS in unserer durchdigitalisierten, spamüberladenden Gesellschaft.
*1981 in Webster, USA, lebt in Los Angeles, USA